Ministerin Dalbert zu Gast im Präsidium des Bauernverbandes

praesidium2016Das Präsidium des Bauernverbandes Sachsen-Anhalt führte seine erste Tagung des Jahres am 23. Juni 2016 in Magdeburg durch. Anliegen der Präsidiumssitzung war, die Vereinbarungen des Koalitionsvertrages zu bewerten und mit der Ministerin für Umwelt, Landwirtschaft und Energie, Prof. Claudia Dalbert, zu diskutieren. Neben dem 18-köpfigen Landesvorstand des Bauernverbandes und den 35 assoziierten und fördernden Mitgliedern aus landwirtschaftlichen Fachverbänden und mit der Landwirtschaft verbundenen Organisationen waren sämtliche Vorstände der Kreisbauernverbände zur Veranstaltung geladen.
In seiner Rede bewertete Präsident Olaf Feuerborn den Koalitionsvertrag. Hier sieht Feuerborn Übereinstimmung in vielen Zielen, aber großen Abstimmungsbedarf in Fragen der Umsetzung. Denn Ziel jeden politischen Handelns müsse die Stärkung der heimischen Landwirtschaft, gleich welcher Struktur oder Produktionsrichtung, sein.
Positiv ist zu bewerten, dass alle Mittel aus EU und Bund für Sachsen-Anhalt genutzt werden sollen und die nötige Kofinanzierung geleistet wird. Positiv ist ebenfalls, dass Infrastruktur, wie Highspeedinternet und ländliche Wege, aber auch die soziale Infrastruktur, wie medizinische Versorgung oder Bildungs- und Betreuungseinrichtungen gewährleistet werden sollen.
In den Zielen mit direkter Berührung zur Landwirtschaft wird es bei genauerer Betrachtung komplexer. Aus der Presse und aus den Erfahrungen zurückliegender Jahre weiß man um knappe Finanzen Land. Ohne Finanzierungsvorbehalt steht ein Sofortprogramm Umweltschutz. Hier ist der Verband derzeit in Erarbeitung seiner Vorstellungen in Abstimmung mit über 20 Verbänden des ländlichen Raums. In den nächsten Wochen geht ein entsprechendes Positionspapier an die Ministerin. Ziele sind praktikable Regelungen, keine Schlechterstellung im Wettbewerb und möglichst keine ökonomischen Einschnitte und wenn doch, dann mit festem finanziellen Ausgleich. Präsident Feuerborn appellierte an die Ministerin, den Verband eng einzubinden.
Der Bereich Tierhaltung nimmt im Koalitionsvertrag viel Raum ein. Feuerborn wies darauf hin, dass die Landwirte diejenigen sind, die Fortschritte ins Tierwohl bringen. Kontrollen auf Basis von Gesetzestexten und deren Folgen seien nicht immer gut für Tiere, wie Beispiele aus der Sauenhaltung zeigen. Dort treten vermehrt Verletzungen bei zu großen Kastenstandsbreiten bzw. bei Rangordnungskämpfen, wenn keine Kastenstände mehr eingesetzt werden, auf. Die beabsichtigte Novelle des Baugesetzbuches, wo bauen im Außenbereich stark eingeschränkt werden soll, verhindert, dass alte Ställe durch neue Ställe mit besseren Haltungsbedingungen ersetzt werden.
Mit Bezug auf die vielen Aussagen im Bereich Umwelt des Koalitionsvertrages verweist Feuerborn darauf, dass alle Vorhaben nur gelingen, wenn die Bauern im Boot sind. Deshalb sei es besser mit Anreizen auf Basis der Freiwilligkeit zu agieren, anstatt ordnungsrechtliche Vorgaben zu machen. Den Landwirten muss man vertrauen, dass sie am besten wissen, was vor Ort mit welchen Mitteln Effekte für Boden, Luft, Wasser und Biodiversität bringt.
Ein besonderer Bereich im Koalitionsvertrag ist der Hochwasserschutz. Landwirte wehren sich nicht gegen gute Konzepte, aber gegen Bewirtschaftungseinschränkungen. Das heißt zum Beispiel, dass auch in Überflutungsflächen Ackerbau möglich bleiben muss und Entschädigungen sauber geregelt werden müssen.
Zur Sprache kam auch der Wolf, der Weidetierhalter und Gatterwildhalter zur Verzweiflung bringt. Eine Rissentschädigung reicht bei weitem nicht aus, auch Präventionskostenförderung nicht. Hier muss deutlich mehr getan werden, um die Weidetierhaltung zu erhalten. Auch eine Bestandsregulierung darf kein Tabuthema sein.
In seiner Rede ging Präsident Olaf Feuerborn auch auf Themen außerhalb des Koalitionsvertrages ein. Hoch aktuell ist die Diskussion um die Zulassungsverlängerung von Glyphosat. Der Verband sieht die Gefahr, dass die Wirkstoffpalette insgesamt stark schrumpft. Feuerborn forderte von der Ministerin eine wissenschaftlich fundierte Entscheidungsfindung, wo anhand des Risikos bewertet wird.
Bezüglich der Novelle der Düngeverordnung ist es für den Verband wichtig, dass Erleichterungen in Gebieten mit unbelasteten Grundwasserkörpern folgen und finanzielle Unterstützung bei der Umsetzung beispielsweise in Form von Investitionskostenzuschüssen beim Bau von Güllebehältern gewährt wird.
Zur Debatte stand auch das EEG 2016. Hier ist dem Bauernverband vor allem an einer Förderung von Biogasanlagen in Verbindung mit Tierhaltungen gelegen. Ganz besonders wichtig ist eine Anschlussregelung für Anlagen, deren Förderende erreicht wird. Hier besteht die große Gefahr, dass diese Anlagen außer Betrieb gehen, Arbeitsplätze und Wertschöpfung von den Dörfern verschwinden.
Im Bereich der EU-Agrarpolitik werden die Umschichtung von Mitteln von der 1. in die 2. Säule und eine Erhöhung des Greeninganteils diskutiert. Beides lehnt Präsident Feuerborn ab, denn beides schwächt die Einkommen stützende Funktion der 1. Säule. Angesichts der aktuellen Krise zeigt sich deutlich, wie sehr Landwirte die Direktbeihilfen brauchen, weil die hiesigen politischen Rahmenbedingungen keine Produktionskosten ermöglichen, die mit Weltmarktpreisen mithalten.
Abschließend ging Olaf Feuerborn darauf ein, was der Verband in der Krise gemacht hat und wo die Ministerin helfen kann. Liquiditätshilfen ohne Obergrenzen, eine weitere Erhöhung des Zuschusses zur Unfallversicherung, eine vorzeitige Auszahlung und Erhöhung der Gasölbeihilfe, steuerliche Maßnahmen, um die aktuelle Steuerlast zu reduzieren und um in der Zukunft besser vorsorgen zu können sind Kernforderungen an die Politik. Was der Verband nicht will, ist eine staatliche Festlegung der Produktionsmengen. Hier sind die Molkereien und Schlachtereien gefordert, mehr Wertschöpfung zu betreiben und sich ihren dafür notwendigen Rohstoff vertraglich zu sichern – mit der Festlegung von Preisen, Mengen und Zeiten.Ebenso wichtig seien Übergangshilfen für Betriebe, die sich von der Tierhaltung verabschieden wollen, der Verzicht auf das Erheben des Wassercents und das Aussetzen von Ausschreibungen und Pachtpreiserhöhungen bei Landgesellschaft und BVVG.
Ministerin Claudia Dalbert sicherte in ihrer Rede zu, dass sie vor politischen Entscheidungen den Austausch mit dem Bauernverband sucht. Ein Schwerpunkt in der Vorstellung ihrer Ziele sieht die Ministerin in der Förderung des Ökolandbaus, bei der Stärkung der Regionalmarken, in der Förderung des Leguminosenanbaus und bei der Weiterentwicklung des Tierwohls. Jedoch müssten die Landwirte damit rechnen, dass teilweise auch unbequeme Entscheidungen getroffen werden.
Im Anschluss entwickelte sich eine lebhafte, aber sachliche Diskussion, welche die Skepsis der Präsidiumsmitglieder, aber auch Entschlossenheit zur Mitwirkung erkennen ließ.
Weiterhin befasste sich das Gremium mit dem vom 29. bis 30. Juni stattfindenden Bauerntag und den in den Foren diskutierten Themen Veredelung, Milch, Umwelt und Europäische Agrarpolitik.Als Ergebnis der Sitzung verabschiedete das Präsidium eine Erklärung mit den zentralen Forderungen an Landesregierung und -parlament für die anstehende Umsetzung des Koalitionsvertrages: 2016-06-23_erklaerung.pdf